Gedanken zum Garten

Warum ich den Garten habe, den ich habe

Welche gängige Kategorisierung kommt meinem Garten am nächsten?

Die überwältigend blühenden mixed border Gärten begeistern mich und ich stehe mit Bewunderung vor den Staudenkombinationen, die wunderbar zusammenpassen und die Wirkung der einzelnen Stauden noch steigern.

Aber diese Pracht muss ich hinterfragen: wer hat einen optimalen Boden in optimaler Lage mit optimaler Wasserversorgung? Das kann, natürlich von glücklichen Ausnahmen abgesehen, nur durch intensive Pflege und Bodenveränderung entstehen. Es gibt oft wunderbare Staudenkombinationen, die aber auf Dauer nicht zusammen wachsen können, da sie unterschiedliche Boden- und Lichtansprüche haben. Der Boden ist, wie man auch in botanischen Gärten gut sehen kann, der entscheidende Faktor. Wenn ich einen solchen Boden in meinem Garten nicht habe, muss ich Kompromisse machen. Viele Kompromisse, denn es wächst nicht zusammen zu großer Pracht heran, wenn die Voraussetzungen nicht optimal sind. Dazu kommt noch der große Pflegeaufwand.

Sobald ich nicht standortgerechte Stauden bezüglich Bodenvoraussetzungen und Lichtansprüchen, ganz zu schweigen vom Wasserbedarf zusammenpflanze, Einjahresblüher und nicht frostfeste Stauden zur Steigerung des Eindrucks untermischen will, explodiert der Aufwand und die Enttäuschung ist vorprogrammiert. Ein gutes Beispiel ist der wunderbare Penstemon, der in Gegenden mit nicht Weinbauklima und schwierigeren Bodenverhältnissen nicht über einen etwas strengeren Winter zu bringen ist. Wenn ich ein Staudenbeet haben will, das rund ums Jahr gut aussieht, ergibt sich eine weitere entscheidende Problematik. In der Regel ist der eigenen Garten nicht so groß, dass man Frühlingsbeete, Frühsommerbeete, Sommer- und Herbstbeete gestalten kann, sondern der Garten hat höchstens Blühschwerpunkte zu verschiedenen Jahreszeiten in den einzelnen Beeten. Die unvergleichlichen Gartengestaltungen von Vita Sackville-West basieren auf den der Jahreszeit angepassten großen Beeten, Umpflanzungen und Zwischenpflanzungen eingeschlossen.

Ein weiterer Schlüsselfaktor ist der Pflegeaufwand. Ich wühle gerne in der Erde, aber nicht täglich und schon gar nicht täglich mehrere Stunden. Ich möchte im Garten sitzen, die Stimmung geniessen und mich am Wachsen und Blühen erfreuen. Ich möchte nicht jedem nicht gepflanzten Kraut nachjagen und jäten, jäten.

Ein weiterer, eigentlich der wichtigste Gesichtspunkt, ist der Umgang mit meinem Gartens allgemein.

Ich will den Boden meines Gartens und seine Eigenschaften nicht fundamental verändern, ich will den Boden nicht unbedeckt lassen und möchte in einem Garten leben, der möglichst meiner Vorstellung von Natur nahe kommt. Das kann ich mit Staudenbeeten mit mixed borders nicht erreichen. Mein Lehmboden lässt eine Reihe von Pflanzen nicht gut wachsen, die Waldnähe begrenzt das Licht und der Garten liegt nun mal nicht in einer Gegend mit Weinbauklima. Außerdem möchte ich, dass mein Garten ein Lebensraum für Tiere ist, Insekten, Vögel und sonst noch allerlei, was sich dort wohlfühlt. Das bedeutet auch, dass möglichst viele heimische Pflanzen und Sträucher in meinem Garten wachsen, die dem „wildlife“ eine Nahrungsgrundlage bieten.

  • Blick in den Waldgarten im zeitigen Frühjahr
  • Wilde Margarithen, die auf einem Teil der Wiese wachsen

Dadurch ist klar, dass in meinem Garten Betonmauern nichts verloren haben, kein englischer Rasen wächst und kein Boden durch Bodenbeläge versiegelt wird. Das heißt natürlich nicht, dass ich auf Abstützungen von Gelände, auf Sitzplätze und Gehwege verzichten muss. Ich wähle Trockenmauern mit ihren unendlichen Möglichkeiten der Gestaltung und der Erschließung zusätzlicher Lebensräume, verlege Plattenwege nicht in Beton sondern Sand und baue Sitzplätze, die nicht mit einen Druckreiniger ständig gereinigt werden müssen, weil dort in keiner Fuge etwas Grünes wachsen darf.

Aber muss das alles ein Nachteil sein?

Nein, die Anpassung an die natürlichen Bedingungen ermöglicht einen speziellen Garten, der der Naturvorstellung der Gärtnerin möglichst nahe kommt und ihre ästhetischen Ansprüche befriedigt oder zumindest nahekommt. Dabei steht immer im Vordergrund, das die Natur eines Gartens die Veränderung ist und das Gedeihen, das jährliche Gartenbild auch abhängig ist von den natürlichen Bedingungen wie Temperatur und Regen ist. Der Garten ist keine Natur im eigentlichen ursprünglichen, vom Menschen unbeeinflussten Sinn, sondern immer gestaltete Natur. Das Streben nach besonders schönen Gartenbildern ist für einen naturalistischen Garten - die Kategorisierung kommt wohl meinem Garten am nächsten - allerdings kein Gegensatz sondern ein Ziel, das dem Gedanken eines Hortus conclusus, einer gestalteten Natur mit speziellen Bedingungen, durchaus entspricht.  Der Garten gibt ein Gefühl von Natur, und dieses Gefühl ist nicht teilbar, es ist individuell. Es spiegelt das was die Gärtnerin empfindet und was ihr gelungen ist zu realsieren. Durch die Kombination von Pflanzen eine emotionale Erfahrung zu schaffen, die eine Erinnerung an die Natur hervorruft, ist das eigentliche Streben. Wenn dann noch andere Menschen das gleiche Glück geniessen das die Gärtnerin in ihrem Garten empfindet, muss sie etwas richtig gemacht haben.

Dabei macht diese Sicht auf den Garten immer auch bescheiden. Das ist kein Gegensatz.

Literaturhinweise:

  • Karl Foerster - Der Steingarten der sieben Jahreszeiten
  • William Robinson - The wild garden
  • Gertrude Jekyll - Pflanzenbilder aus meinen Gärten
  • Reinhard Witt - Wildpflanzen für jeden Garten
  • Jelitto, Schacht, Simon - Die Freilandschmuckstauden